Ein Interview mit unserer Mitarbeiterin des Jahres
Sie bringt Struktur und Menschlichkeit zusammen, spricht lieber über Haltung als über Methoden – und hat ein feines Gespür für Menschen: Unsere Mitarbeiterin des Jahres ist Jülia Devies, pädagogische Fachkraft und Beraterin im Bereich Schulentwicklung bei xmentors.
Im Interview spricht sie über ihren Weg, ihre Erfahrungen aus dem Schuldienst und warum Beziehung auch in der Projektarbeit nicht zu kurz kommen darf.
–>“Jülia, stell dich doch einmal kurz vor – wer bist du, und was treibt dich an?“
xmentors: Du hast vor deiner Tätigkeit bei xmentors viele Jahre als Lehrerin gearbeitet. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen?
Jülia Devies: Meine Zeit im Schuldienst – darunter auch als Klassenleitung an einer Berufsfachschule für Sozialassistenz – haben mich stark geprägt. Ich habe dort nicht nur unterrichtet, sondern vor allem begleitet, unterstützt und Beziehungen gestaltet. Pädagogik war für mich nie nur Wissensvermittlung, sondern immer auch Menschsein – mit allem, was dazugehört: Authentizität, Klarheit, Humor und manchmal auch Überforderung. Diese Haltung trage ich auch heute in meiner Arbeit bei xmentors weiter.
xmentors: Wie würdest du deine pädagogische Haltung heute beschreiben – in der Rolle als Beraterin?
Jülia Devies: Authentisch, beziehungsstark und strukturiert. Ich glaube, dass Vertrauen die Grundlage für jedes Lernen und jede Entwicklung ist – auch im Kontext von Beratung oder Projektarbeit. Ich zeige mich in meiner Rolle als Mensch, nicht als pädagogische Maske: mit Emotionen, Reflexionen, auch mal mit dem Satz: „Ich brauche kurz einen Moment.“ Diese Echtheit schafft Raum auf Augenhöhe – und genau das brauchen Lernprozesse, egal ob im Klassenzimmer oder im Lehrerzimmer.
xmentors: Was bedeutet „Augenhöhe“ für dich in der Beratung von Schulen?
Jülia Devies: Es bedeutet, zuzuhören, bevor man bewertet. Schulen sind komplexe Systeme mit Menschen, die tagtäglich ihr Bestes geben – oft unter sehr schwierigen Bedingungen. Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, Patentlösungen zu liefern, sondern Impulse zu setzen, Potenziale sichtbar zu machen und Entwicklung zu begleiten. Immer im Dialog, nie von oben herab.
xmentors: Du hast früher vor allem musisch-kreative Fächer unterrichtet. Hat das heute noch Einfluss auf deine Arbeit?
Jülia Devies: Absolut. Kreativität ist für mich kein Selbstzweck, sondern eine Haltung: Offen zu bleiben, Methodenvielfalt zuzulassen, mit Räumen zu spielen – auch im übertragenen Sinn. Ich gestalte gerne Settings, die nicht starr sind. Ob es eine Fortbildung ist oder ein Gespräch mit einer Schulleitung – es darf auch lebendig sein, inspirierend, vielleicht sogar berührend.
xmentors: Du sagst: Struktur ist Voraussetzung für Freiheit. Wie meinst du das?
Jülia Devies: Viele denken bei Struktur an Kontrolle – ich denke dabei an Sicherheit. Klarheit über Rollen, Erwartungen und Prozesse schafft Orientierung. Erst wenn dieser Rahmen steht, entsteht der Freiraum, den Menschen brauchen, um kreativ zu werden, sich zu beteiligen oder über sich hinauszuwachsen. Das gilt für Schüler*innen genauso wie für Lehrkräfte und Teams.
xmentors: In deiner Haltung spielt Sprache eine große Rolle. Wie gehst du mit schwierigen Themen wie Ausgrenzung oder diskriminierenden Aussagen um?
Jülia Devies: Indem ich sie nicht ignoriere. Sprache formt Realität – und pädagogisches Arbeiten heißt auch, Verantwortung für Sprache zu übernehmen. Wenn verletzende Begriffe oder unbedachte Kommentare fallen, nehme ich mir die Zeit, sie zu thematisieren. Nicht mit dem Zeigefinger, sondern mit dem Wunsch, Bewusstsein zu schaffen. Nur so kann ein Raum entstehen, in dem sich alle sicher fühlen dürfen.
xmentors: Was motiviert dich in deiner aktuellen Rolle am meisten?
Jülia Devies: Dass ich Schulen begleiten darf – in ihrer Entwicklung, in ihrer Suche nach Lösungen, in ihrem Ringen um Zeit, Struktur und Haltung. Ich bin davon überzeugt, dass in jedem Menschen und jeder Organisation Potenzial steckt. Wenn ich einen Beitrag dazu leisten kann, dass dieses Potenzial sichtbarer wird, dann ist das für mich echte pädagogische Wirksamkeit.
xmentors: Du sprichst oft von Potenzial – was bedeutet das konkret im pädagogischen Kontext?
Jülia Devies: Viele Schüler*innen – und manchmal auch ganze Schulen – kennen ihre Ziele oder Stärken gar nicht genau. Ich sehe es als meine Aufgabe, mit Menschen gemeinsam herauszufinden: Wo willst du hin? Was kannst du gut? Und was davon willst du noch weiterentwickeln? Dabei ist mir wichtig: Es geht nicht darum, meine Ziele auf andere zu übertragen. Lernen – ob bei Jugendlichen oder Erwachsenen – ist immer ein individueller Prozess. Aber man muss ihn nicht alleine gehen. Manchmal braucht es nur die richtigen Fragen im richtigen Moment.
xmentors: Was brauchen Schulen deiner Meinung nach – jenseits von Konzepten und Ressourcen?
Jülia Devies: Haltung. Und Zeit für Beziehung. Pädagogik ist kein Verwaltungsakt, sondern immer Beziehungsarbeit. Wir brauchen Räume, in denen Menschen gesehen werden – Schüler*innen genauso wie Lehrkräfte. Und wir brauchen eine Kultur, in der es okay ist, auch mal zu sagen: „Ich weiß es gerade nicht“ – und trotzdem handlungsfähig zu bleiben.
xmentors: Zum Abschluss: Wenn du deine Haltung in einem Satz zusammenfassen müsstest – wie würde der lauten?
Jülia Devies: Menschlichkeit, Struktur und echte Beziehung – ohne pädagogische Maske, mit Raum für Humor, Emotionen und echtes Miteinander.
xmentors: Danke für das Gespräch, Jülia Devies! Wir freuen uns sehr, dich im Team zu haben.



